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Kindesunterhalt NEU
Im Koalitionsvertrag hatte sich die Koalition vorgenommen, das Unterhaltsrecht zu modernisieren und die Betreuungsanteile beider Eltern bei der Berechnung des Kindesunterhaltes besser zu berücksichtigen. Dazu wurde nun ein „Eckpunktepapier“ vorgelegt und Wissenschaft und Rechtspraxis aufgefordert, Stellung zu nehmen. Kernpunkt ist die künftige Berechnung des Kindesunterhaltes bei substantieller Mitbetreuung durch den anderen Elternteil.
Das Unterhaltsrecht kennt damit zukünftig drei verschiedene Betreuungsmodelle:
das Residenzmodell:
das Kind befindet sich überwiegend bei einem Elternteil, der andere übt nur das Umgangsrecht aus)
das asymmetrische Wechselmodell:
liegt vor, wenn sich der andere Elternteil mit einem Anteil zwischen 30 und 49 % an der Betreuung des Kindes beteiligt. Bei der Ermittlung des Anteils kommt es auf die Übernachtungen, bezogen auf ein Jahr, an.
das symmetrische Wechselmodell:
das Kind befindet sich zu gleichen Teilen bei den Eltern.
Beim Residenz- und symmetrischen Wechselmodell bleibt es bei der bisherigen rechtlichen Situation.
Beim asymmetrischen Wechselmodell wird zuerst die Quote der Betreuung wie folgt ermittelt:
Aufteilung der Betreuung zwischen den Ferien | Anzahl der Nächte zusätzlich zu den Ferien | Prozentualer Betreuungsanteile |
---|---|---|
Jedes 2. Wochenende von Freitag bis Sonntag | 19 Wochenenden á 2 Nächte = 38 Nächte | 49 + 38 = 87/365 = 0,238 oder 24 % |
Jedes 2. Wochenende von Freitag bis Montag oder Freitag bis Sonntag + eine Nacht in der dazwischenliegenden Woche | 19 Wochenenden á 3 Nächte oder 19 Wochenenden á 2 Nächte + 19 Wochen á 1 Nacht = 57 Nächte | 49 + 57 = 106/365 = 0,29 oder 29 % |
Jedes 2. Wochenende von Freitag bis Sonntag und zwei Nächte in der dazwischenliegenden Woche | 19 Wochenenden á 2 Nächte + 19 Wochen á 2 Nächte = 76 Nächte | 49 + 76 = 125/365 = 34 % |
Jede 2. Woche Freitag bis Mittwoch + die letzten 2 Schultage vor den Sommerferien | Sommerferien 19 Wochen á 5 Nächte = 97 Nächte | 49 + 97 = 146/365 = 0,4 oder 40 % |
Jede 2. Woche Freitag bis Donnerstag | 19 Wochen á 6 Nächte = 144 Nächte | 49 + 114 = 163/365 = 0,446 oder 45 % |
Der Unterhalt wird wie folgt berechnet:
Schritt 1 (Ermittlung des Bedarf des Kindes anhand der Düsseldorfer Tabelle):
Der Bedarf des Kindes, d.h. die Geldmittel, die erforderlich sind, um seine Bedürfnisse zu decken, soll sich grundsätzlich aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern und einer entsprechenden Eingruppierung in der Kindesunterhaltstabelle ergeben.
Schritt 2 (Pauschaler Abzug beim Kindesbedarf):
Sodann soll dieser Bedarf pauschal um 15 % gekürzt werden. Diese Kürzung erfolgt „für die wesentliche Mitbetreuung“. Durch diese Kürzung soll berücksichtigt werden, dass ein Teil des Bedarfs, z.B. Nahrung, Verkehr, Freizeit, Bildung etc. im Haushalt des mitbetreuenden Elternteils gedeckt wird und es dadurch zu einer Ersparnis beim hauptbetreuenden Elternteil kommt. Dieser Abschlag erfolgt unabhängig vom Umfang der konkreten Betreuungsleistung des anderen Elternteils.
Schritt 3 (Ermittlung der Haftungsanteile der Elternteile in Ansehung ihrer Leistungsfähigkeit):
Da zukünftig beide Elternteile für den Bedarf haften sollen, ist in einem weiteren Schritt eine Haftungsverteilung vorzunehmen. Dies erfolgt unter Vorwegabzug des angemessenen Selbstbehalts (derzeit 1.650 EUR) vom jeweiligen Einkommen der Eltern und anhand des Verhältnisses der verbleibenden Einkünfte zueinander. Zur Anwendung kommt also die Formel:
Haftungsanteil mitbetreuender Elternteil A: (Einkommen A – 1.650 EUR) / (Einkommen A + B – 3.300 EUR). Auch wenn dies im Eckpunktepapier nicht erwähnt wird, dürfte an der Stelle des Abzuges von 1.650 EUR lediglich der notwendige Selbstbehalt von 1.370 EUR anzusetzen sein, wenn der Bedarf anderenfalls nicht (vollständig) gedeckt werden kann.
Schritt 4 (Modifikation des Haftungsanteils in Ansehung der Betreuungsanteile):
In einem weiteren Schritt soll der Haftungsanteil des mitbetreuenden Elternteils noch mit einem Betreuungsanteil, der pauschaliert in Höhe von einem Drittel angesetzt wird, kombiniert werden, um die erhöhten Kosten des mitbetreuenden Elternteils abzubilden. Das Berechnungsbeispiel in Anlage 2 zum Eckpunktepapier gibt hierfür folgende Formel an:
(Haftungsanteil nach Schritt 3 + 0,67 Betreuungsanteil) / 2. Mathematisch lässt sich dies auch anders ausdrücken, um das erwähnte Drittel besser zu verdeutlichen:
½ Haftungsanteil nach Schritt 3 + 0,33 = modifizierter Haftungsanteil.
Schritt 5 ( Ermittlung des geschuldeten Betrags):
Der modifizierte Haftungsanteil (Schritt 4) wird mit dem modifizierten Bedarf (Schritt 2) multipliziert, woraus sich dann ein konkreter Geldbetrag ergibt.
Schritt 6 (Abzug Kindergeld):
In einem letzten Schritt wird das Kindergeld, wenn es an den hauptbetreuenden Elternteil ausbezahlt wird, zur Hälfte vom Haftungsanteil in Abzug gebracht und auf diese Weise zwischen den Eltern aufgeteilt. Die Anlage 2 zum Eckpunktepapier gibt zwei Rechenbeispiele:
Beispiel
Einkommen A: 4.000 EUR, Einkommen B: 2.000 EUR, Kind 6 Jahre, B erhält Kindergeld.
Schritt 1:
Einkommen A + Einkommen B: 4.000 EUR + 2.000 EUR = 6.000 EUR.
Düsseldorfer Tabelle: 844 EUR Bedarf.
Schritt 2:
Vom Bedarf werden pauschal 15 % abgezogen.
844 EUR – 15 % = 717,40 EUR.
Schritt 3:
Berechnung Haftungsanteil nach wechselseitigem Einkommen.
(Einkommen A – 1.650 EUR) / (Einkommen A + B – 3.300 EUR).
(4.000 EUR – 1.650 EUR) / (4.000 EUR + 2.000 EUR – 3.300 EUR).
2.350 EUR / 2.700 EUR = 0,87.
Schritt 4:
(Haftungsanteil nach Schritt 3 (hier 0,87) + Betreuungsanteil) / 2.
(0,87 + 0,67) / 2 = 0,77.
Schritt 5:
Ergebnis aus Schritt 4 multipliziert mit Ergebnis aus Schritt 2
0,77 x 717,40 EUR = 552,40 EUR
Schritt 6:
Von dem unter Schritt 5 ermittelten Betrag wird nunmehr das halbe Kindergeld abgezogen. Das Ergebnis ist der Betrag, den der andere Elternteil erhält:
552,40 EUR – 125 EUR = 427 EUR