Kompetenz seit 35 Jahren

News

\\ Keine Anfechtung bei einer sogenannten lenkenden Ausschlagung

Grundsätzlich obliegt die Nachlassplanung dem Erblasser zu Lebzeiten. Häufig kommt es aus unterschiedlichsten Gründen dazu, dass der Erblasser zu Lebzeiten seine Nachlassplanung nicht (mehr) umsetzt. Tritt der Erbfall dann ein, bestehen für die Erben nur noch äußerst eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten. Das wichtigste Institut hierbei ist die sogenannte lenkende Ausschlagung. Hierbei schlägt einer oder mehrere berufene Erben das Erbe aus, um das Erbe gezielt auf eine Person umzuleiten. Bei Durchführung einer lenkenden Ausschlagung äußerste Vorsicht geboten, wie nachfolgender Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen ist.

Keine Anfechtung einer Erbausschlagung wegen eines unbeachtlichen Motivirrtums bei einer sog. lenkenden Ausschlagung (BGH, Beschl. v. 22.3.2023 – IV ZB 12/22).

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Erblasser verstarb am 03.07.2023 ohne eine letztwillige Verfügung zu hinterlassen. Er hinterließ seine Ehefrau und gemeinsame Kinder. Sämtliche seiner Kinder schlugen die Erbschaft mit dem Ziel aus, dass die Ehefrau Alleinerbin wird. Den Kindern des Erblassers war dabei unbekannt, dass der Erblasser noch eine Schwester und weitere Halbgeschwister hat. Eines der Kinder des Erblassers hat seine Ausschlagungserklärung angefochten und machte hierbei als Anfechtungsgrund geltend, mit der Begründung, dass das Ziel der Ausschlagung verfehlt wurde.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich bei dieser Sachverhaltskonstellation um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt, der nicht zur Anfechtung berechtigt. Der Erbe hat sich vor einer Ausschlagung über alle tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Erbfalls eingehend zu informieren.

Wird die Erbschaft aus dem Grund ausgeschlagen, dass der berufene Erbe denkt, seine Mutter wird hierdurch zur Alleinerbin, ist diese Ausschlagung nicht aus dem Grund anfechtbar, wenn der ausschlagende Erbe erfährt, dass eine andere Person als seine Mutter in die Erbfolge eintritt.

Hinweis:
In Anbetracht der kurzen Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft, sollte eine lenkende Ausschlagung keinesfalls voreilig und nicht ohne vorherige sachkundige Beratung durchgeführt werden. Irrige Annahmen über die gesetzliche Erbfolge oder Ersatzerbenregelungen sowie nicht bekannte (nicht eheliche) Abkömmlinge führen hier schnell zu absolut ungewollten Ergebnissen.

 

Matthias Singer
Rechtsanwalt

\\ Wir beraten Sie gerne